Was uns ein „ne?“ über die Art unserer Aufmerksamkeit sagen kann.
Füllwörter wie diese sind oft regional unterschiedlich und einfach durch den Dialekt bedingt. Das heißt, wir kennen es nicht anders und benutzen sie ohne zu hinterfragen.
Doch wie wirken diese Art der Fragewörter, was vermitteln sie an unser Gegenüber?
Bisher war ich der Meinung, meine Mutter war immer erreichbar für mich. Sie hatte immer ein Ohr für meine Belange. Ich konnte im Grunde über fast alles mit ihr reden.
Wenn ich mich aber an die Art meiner Kommunikation zurückerinnere, dann fällt mir auf, dass ich meine Sätze oft mit „ne?“ oder auch eine Zeitlang mit „ge?“ beendete. Ich fragte sogar oft nochmal nach: „ne??“ Im Grunde war es ein Drängen, ein Bitten um Aufmerksamkeit.
Ja, meine Mutter hörte mir zwar zu. Aber entweder nur nebenbei, um mir ihre Empfindungen, ihre Sichtweise und ihre Ratschläge „aufzudrängen“.
Sie war ständig beschäftigt und so war sie zwar mit einem Ohr bei mir, aber ihre Aufmerksamkeit war meistens schon bei ihrem nächsten Schritt.
Ich weiß noch, wie ich mich unter Druck fühlte, ihr hinterher zu hechten, um einen Augenblick zu erwischen, in dem sie „Zeit“ hatte.
Als Kind wusste ich nicht, was mir fehlte. Ich war nur frustriert, dass mein Bedürfnis so oft unbefriedigt blieb.
Wie konnte ich auch wissen, dass dies an der mangelnden Aufmerksamkeit, dem Unwissen über förderliche Kommunikation und vielleicht auch mitunter an zu wenig Interesse lag.
Aus heutiger Erfahrung weiß ich, dass das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit nachhaltiger gestillt wird und die Kinder ruhiger und ausgeglichener werden, wenn wir mit unserer ganzen Aufmerksamkeit und mit wahrhaftigem Interesse zuhören.
An der Art ihrer Kommunikation könnt ihr mitunter schon erfahren, ob ihr aufmerksam und interessiert genug zuhört.
• Erzählen eure Kinder meistens hektisch und schnell oder in Ruhe?
• Kommen sie ständig mit den gleichen Fragen und „nerven“ euch damit oder nur ab und an und mit neuen Themen?
• Beenden sie ihre Sätze mit einem Fragezeichen bzw. einem Fragewort wie: „ne“ „ge“ „wa“?
Es kann auch sein, dass ihr selber in dieser Art kommuniziert und eure Kinder euch einfach nur nacheifern. Aber auch dann macht es Sinn, einmal näher hinzuschauen.
Denn Sprache und die Art unserer Kommunikation ist ein Aushängeschild unserer Persönlichkeit.
Und wer nimmt uns schon ernst, wenn wir jeden unserer Sätze durch ein Fragezeichen oder durch ein nach Zustimmung heischendes Wort beenden?
Halbherziges Zuhören erzeugt Unsicherheit. Gerade Kinder brauchen es in ihren Gefühlen, Gedanken, Meinungen, Erfahrungen in ihrem So-Sein ernst genommen zu werden. Das bedeutet, dass wir ihre Erzählungen anhören und sie darin annehmen und wahrnehmen dürfen.
Da haben unsere Ansichten, Ratschläge und Urteile hinten anzustehen.
Vielmehr dürfen wir zum Gefäß werden, welches sich hingibt, für die Wahrhaftigkeit des Kindes.
Das ist der einzige Weg, tatsächlich etwas über das Kind, den anderen zu erfahren.
Und nur so gelingt es uns, das Bedürfnis des Kindes zu stillen.
Kinder brauchen nicht so viel Aufmerksamkeit. Sie brauchen qualitativ hochwertige Aufmerksamkeit.
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