„Hör mir doch mal richtig zu!“

(Eine Idee) vom richtigen zuhören.

Anna steht mit geballten Fäusten im Türrahmen ihres Zimmers. „Nie hörst du mir richtig zu! Und alles ist immer nur Blödsinn.“

Ihre Mutter geht sofort in Verteidigungshaltung. „Das ist nicht wahr, ich hör dir wohl zu.“

„Tust du eben nicht!“, schreit Anna ihre Mutter an.

„Erzähl nicht so einen Blödsinn“, erwidert ihre Mutter und wird nun auch lauter.

„Siehst du, genau das meine ich. Immer sagst du, ich erzähle nur Blödsinn.“  Anna ist außer sich vor Wut.

Ihre Mutter brüllt nun auch: „Blödsinn!“

Anna schüttelt den Kopf, fast muss sie schon grinsen. Sie sieht ihre Mutter entlarvt. „Siehst du, du sagst es schon wieder.“

Die Mutter reagiert irritiert. „Was, wie? Verstehe ich nicht.“

„Na, du hast es doch gerade bestätigt. Ich sage, du sagst zu allem, was ich sage ‚Ist doch Blödsinn‘ und deine Antwort ist ‘Ist doch Blödsinn.‘“

Ihre Mutter schaut immer noch irritiert und im Weggehen sagt sie kopfschüttelnd: „Ist doch Blödsinn“

Anna greift sich fassungslos an den Kopf und geht mit hängenden Schultern in ihr Zimmer.

Seufzend lässt sie sich auf ihr Bett fallen. „Weder hört sie mir zu, noch versteht sie mich.“

Wie oft hören wir unseren Kindern einfach nicht zu, noch verstehen wir sie.

Vielleicht haben wir es auch einfach nicht gelernt.

Richtiges Zuhören will gelernt werden, wenn wir es in unserer Kindheit verlernt haben.

Denn oft wurde uns in unserer Kindheit und auch später nie richtig zugehört.

Wie ist das, wenn uns jemand richtig zuhört? Ohne unsere Aussage bewerten zu wollen, uns seine Definition unseres Gesagten aufzudrücken? Uns beschwichtigen zu wollen oder uns unsere Gefühle abzusprechen? Oder gar mit Ratschlägen zu überhäufen?

Richtiges Zuhören ist eine Kunst für sich. Die uns abverlangt, uns selbst ganz zurückzunehmen. Unsere eigenen Vorstellungen und Perspektiven beiseite zu packen. Unsere ganze Aufmerksamkeit dem anderen zuzuwenden, ihm Raum zu geben, ganz Ohr zu sein.

Wertfrei, achtsam, vertrauend, dass der andere durch sein Sich-offenbaren eine Lösung findet.

Oft wollen wir uns einfach nur mitteilen. Teilen, was uns bewegt, darin gehört gesehen und verstanden werden. Schon alleine darin liegt so viel Klärendes. Einfach in dem Gefühl der Verbundenheit, die dadurch entsteht.

Und wenn dann der andere uns vertraut, selbst eine Lösung zu finden, durch diese Bestärkung findet sich oft schon ein Weg.

Je mehr wir unseren Kindern einfach nur zuhören, geben wir ihnen die Möglichkeit, sich selbst besser verstehen und reflektieren zu lernen. Wir stärken ihr Selbstvertrauen, ihr Selbstwertgefühl, ihr Mitgefühl und schlussendlich ihr Sich-selbst-Bewusstsein. Das verhilft ihnen in ihre persönliche und darüber hinaus in ihre soziale Verantwortung zu kommen. Denn sie wissen, wer sie sind und damit auch, was zu ihrer persönlichen Verantwortung gehört.

Ein gutes Ritual, sich gegenseitig besser zuhören zu lernen und unterschiedliche Sichtweisen nebeneinander bestehen lassen zu können, ist ein regelmäßig stattfindender Dialog.

Wenigstens einmal im Monat setzt sich die ganze Familie zusammen und jeder darf sagen, wie es ihm gerade geht, was ihn bewegt und was er eventuell von den anderen in der Familie braucht.

Ein gutes Model ist hier der Dialog nach David Bohm. Gerade am Anfang unterstützt er dabei, eine neue Haltung für einen gleichwürdigen Dialog zu etablieren:

Ein wertschätzender und gleichwürdiger Dialog beginnt mit einem inneren Dialog. Dieser ermöglicht uns, diesen „am eigenen Leib“ zu erfahren. Und ich nehme wahr, welche Widerstände, Gedanken und Bewertungen in mir entstehen. Kann ich diese, meine persönliche subjektive Wahrnehmung hinten anstellen, gelingt es mir viel leichter, die Perspektive des anderen einzunehmen und ihn besser zu verstehen.

Hier ist der Ansatz der Achtsamkeit sehr hilfreich. Kleine Momente im Alltag, in denen wir kurz innehalten und in uns selbst hineinspüren: „Wie geht es mir gerade? Welche Gefühle/Emotionen, Bedürfnisse und Erwartungen nehme ich in mir wahr?“

Je besser ich für mich selber sorgen kann, umso mehr Energie habe ich, meinem Gegenüber zuzuhören.

Je besser ich mich selbst annehmen kann, in meinen unterschiedlichen Stimmen und Anteilen, umso besser kann ich dies auch bei anderen.

Eine Einladung zum Dialog:

https://pb-paritaet.de/fachtagungen/dokumente%202015/Einladung%20zum%20Dialog.pdf

Der Dialog nach David Bohm:

http://www.on-the-move.ch/bohmscher3.htm

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